Nietzsche besucht die Lagunenstadt insgesamt fünf Mal. Am 14. März 1880 reist er mit Heinrich Köselitz nach Venedig. Er bezieht ein Logis „frei wie am Meere, mit Blick auf die Toteninsel“ und schätzt die „kalmierende Wirkung“ der venezianischen Luft. Nietzsche diktiert Aphorismen der „Morgenröte“, später aus dem Nachlaß bekannt unter dem Titel: „L'Ombra di Venezia“. Am 29. Juni verläßt er Venedig und geht auf eine abenteuerliche Reise nach Böhmen.
Während seines zweiten Aufenthaltes vom 21. April bis zum 12. Juni 1884 kümmert er sich intensiv und die Opernkompositionen seines Freundes Köselitz. Er wohnt in dessen Haus (San Canciano, calle nuova 5256), greift in die kompositorische Arbeit ein und versucht der Oper Aufführungsorte zu sichern. Von ihm stammt deren Titel: „Der Löwe von Venedig“.
Sein dritter Aufenthalt beginnt am 10. April 1885. Köselitz hatte sich nicht sonderlich um eine geeignete Unterkunft gekümmert. Nietzsche wohnt in der calle del Ridotto, casa Fumagalli. Ab 9. Mai bezieht Nietzsche ein „Logis an der Rialtobrücke“, offenbar „bei einer Hure“ wie sich später herausstellte. Der Ort inspirierte ihn zu seinem berühmten Venedig-Gedicht: „An der Brücke stand jüngst ich in brauner Nacht.“ Gemeinsam mit Köselitz korrigiert er das Druckmanuskript des 4. Teils von „Also sprach Zarathustra“, welcher als Privatdruck erscheinen soll. Am 6. Juni verläßt er Venedig in Richtung Sils-Maria.
Vom 30. April bis etwa 10. Mai 1886 hält sich Nietzsche in Peter Gasts leerer Wohnung auf, der sich erfolglos um die Aufführung seiner Oper bemüht.
Ein letztes Mal erreicht er Venedig am Abend des 21. September 1887. Er nimmt Quartier in der calle dei preti 1263 (San Marco). Nietzsche nutzt die reichhaltige Auswahl deutscher Zeitschriften der dortigen Bibliothek, arbeitet am Druckmanuskript der „Genealogie der Moral“ und verschickt seinen „Hymnus an das Leben“. Licht und Luftfeuchtigkeit bekommen seiner Gesundheit nicht. Er reist am 21. Oktober 1887 nach Nizza ab.